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fzm - Plazebos sind Scheinmedikamente ohne
Wirkstoff, die bei manchen Erkrankungen aber fast so gut helfen wie die
echten Mittel. Doch nicht alle Patienten lassen sich "täuschen". Ob sie
sich überzeugen lassen, hängt nach Ansicht des Psychotherapeuten Professor
Paul Enck von der Universität Tübingen unter anderem davon ab, ob Arzt und
Patient männlich oder weiblich sind.
In der aktuellen Ausgabe der DMW Deutschen Medizinischen Wochenschrift
(Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2005) untersuchte Professor Enck die
Plazebowirkung beim Reizdarm-Syndrom, das zu den "funktionellen"
Erkrankungen zählt. Funktionell bedeutet, dass die Ärzte auch bei einer
Darmspiegelung keine "organischen" Auffälligkeiten finden, obwohl die
Patienten über erhebliche Bauchschmerzen und Stuhlunregelmäßigkeiten
klagen. Laut Enck ist die Plazebo-wirkung beim Reizdarm-Syndrom besonders
unterschiedlich: "In einigen Studien sprachen 84 Prozent der Patienten auf
ein Plazebo an, in anderen waren es nur drei Prozent". Den Grund vermutete
Professor Enck weniger beim Patienten, als bei den Ärzten. Deshalb wertete
er eine Studie aus, in welcher Angaben zur Person des Arztes gemacht
wurden.
In der Studie waren einige Patienten von
einer Ärztin behandelt worden: eine Internistin mit einer Zusatzausbildung
in Psychotherapie. Wenn diese Ärztin die Plazebos verteilte, wirkten sie
besser: Bei jedem dritten Patienten (33 Prozent) besserte sich der
Zustand. Verteilten ihre männlichen Kollegen (ohne Zusatzausbildung) die
Tabletten, wirkten sie nur bei jedem vierten bis fünften Patienten.
"Ähnliche Erfahrungen wurden in Plazebo-Studien zur Akupunktur gemacht.
Dabei erhielten die Patienten eine Scheinakupunktur. Professor Enck: Wenn
die Nadeln (die nur scheinbar in die Haut einstachen) von weiblichen
Therapeuten gesetzt wurden, waren die Patienten häufiger überzeugt, eine
echte Akupunktur erhalten zu haben, als wenn männliche Akupunkteure am
Werk waren.
Die Studie von Professor Enck zeigt
außerdem: Frauen sprechen häufiger auf Plazebos an als Männer In der
Studie besserte sich bei jeder zweiten Patientin das Reizdarm-Syndrom, bei
Männern war es nur etwa jeder vierte. Der Zusammenhang sei jedoch
statistisch nicht gesichert und müsse noch durch weitere Studien gesichert
werden. Der Psychosomatiker Enck vermutet, dass auch die Qualifikation der
Ärzte sowie die Dauer und die Anzahl der Arztkontakte des Patienten die
Plazebowirkung beeinflussen. Selbst der kulturelle Hintergrund, die
Nationalität und der Ort der Studie könnten einen Einfluss haben.
Die aktuelle Ausgabe der DMW ist das
Schwerpunktheft Gastroenterologie zur 60. Jahrestagung der Deutschen
Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), die vom
14. bis 17. September 2005 in Köln stattfindet.
P. Enck et al.:
Determinanten der Plazebowirkung beim Reizdarm-Syndrom
Deutsche Medizinische Wochenschrift 2005; 130 (34/35):
1934-1937 |